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Wolfgang Mattheuer
Der Nachbar, der will fliegen
24.9.2022 – 15.1.2023

Audiogeschichten

Malerei: Ein Garten in voller Blüte, mit einem Teich, in dem sich die Bäume spiegeln. An einem Baum lehnt eine Leiter.

»Die ganze Welt als Heimat schafft sich keiner. Aber wer die Heimat als ein Stück Welt begreift, kann ein Weltbürger sein.«

Wolfgang Mattheuer

 

Der Nachbar, der will fliegen ist der Titel eines bedeutenden Gemäldes von Wolfgang Mattheuer aus der Sammlung des Ludwig Museum, Budapest und gleichermaßen Titel einer der beiden Eröffnungsausstellungen im MINSK Kunsthaus in Potsdam. Dieses Gemälde vereint wesentliche Themen der Ausstellung, wie Landschaft, (Schreber-)Garten, Umwelt und die mythologische Figur des Ikarus. Die Unterstellung, die in diesem Titel zum Ausdruck kommt, der Nachbar wolle fliegen, lässt offen wohin und was er hinter dem Horizont vorfinden wird – eine ungelöste Spannung, die sich in der Ausstellung zeigt.

So wie die mythologische Figur des Ikarus mal Aufbruch und Abenteuerlust, mal menschliche Hybris und Scheitern verkörpert, sind Mattheuers Werke voller subtiler Widersprüche. Mattheuer reflektierte seine Gegenwart kritisch. Wie radikal die Äußerung »Ich […] suche das Heutige, das Problematische, das Wesentliche« [1] im Jahr 1973 gewesen sein muss, kann nur im damaligen Kontext verstanden werden. Sie macht jedoch noch heute die Modernität seiner Kunst aus.

Die Ausstellung zeigt Werke von 1960 bis 2000. Immer wieder malte Wolfgang Mattheuer seine unmittelbare Umgebung und den eigenen Garten, der zugleich Produktionsort seiner Kunst war. Häufig flüchtete er aus dem beengenden Stadtraum Leipzig, wo er ansässig war, um im Garten seines Geburtshauses in Reichenbach (Vogtland) und der weiten Landschaft Zuflucht zu finden. Mal scheint seine Landschaftsmalerei der sichtbaren Realität zu entspringen, mal enthält sie mythologische Elemente.

Mattheuer malt das, was vor der Tür zu sehen ist, und zugleich »Weltlandschaften«, die seine Beobachtungen über eine sich wandelnde Umwelt und Gesellschaft transportieren. Sie halten die unmittelbare Landschaft fest, doch gehen sie weit darüber hinaus. Sie haben die Qualität, sich örtlich und zeitlich von ihrer geografischen Entstehung zu lösen und Allgemeingültigkeit und Zeitlosigkeit für sich zu beanspruchen. In einem Tagebucheintrag von 1984 schreibt der Künstler selbst: »Die ganze Welt als Heimat schafft sich keiner. Aber wer die Heimat als ein Stück Welt begreift, kann ein Weltbürger sein.« (Wolfgang Mattheuer, 3. Oktober 1984)

Die Ausstellung bringt rund 30 Werke des Künstlers aus der Sammlung Hasso Plattner und von privaten und institutionellen Leihgeber:innen zusammen, darunter das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst, die Hamburger Kunsthalle, das Ludwig Museum – Museum of Contemporary Art, Budapest, das Museum der bildenden Künste Leipzig, die Staatlichen Museen zu Berlin, Nationalgalerie, die Sammlung Fritz P. Mayer, Frankfurt am Main/Leipzig und die Ursula Mattheuer-Neustädt und Wolfgang Mattheuer Stiftung.

Wolfgang Mattheuer, geboren 1927 in Reichenbach im Vogtland, gestorben 2004 in Leipzig, war Maler, Grafiker, Plastiker und Schriftsteller. Er bezeichnete sich selbst als Bildermacher und zählt zu den Mitbegründern der Leipziger Schule. Die Teilnahme an der Documenta VI (1977), umfangreiche Einzelausstellungen und Ankäufe (u. a. Hamburger Kunsthalle) machten Mattheuer auch in der Bundesrepublik einem breiten Publikum bekannt. Als kritischer Beobachter seiner Zeit schuf er mit seinen Werken Zeugnisse einer sich immerfort wandelnden Umwelt und Gesellschaft.

[1] Wolfgang Mattheuer, Äusserungen. Texte, Graphik, Leipzig 1990, S. 39.

Trailer

Einblicke

Malerei: Ein Garten in voller Blüte, mit einem Teich, in dem sich die Bäume spiegeln. An einem Baum lehnt eine Leiter.

WOLFGANG MATTHEUER UND STAN DOUGLAS: EINE BEGEGNUNG

Die Ausstellungen von WOLFGANG MATTHEUER UND STAN DOUGLAS im MINSK Kunsthaus in Potsdam, widmen sich dem, durchaus politischen, Thema der Landschaft – einem Sujet, das eine zentrale Rolle innerhalb der Sammlung Hasso Plattner einnimmt, vom Impressionismus bis in die Gegenwart. Mit den zeitgleichen Ausstellungen von zwei Künstlern aus der Sammlung untersuchen wir dieses Thema anhand von Malerei aus der ehemaligen DDR sowie von Fotografie und Film, die eine Zeit des Umbruchs in Potsdam vor rund 30 Jahren reflektieren. Es geht um die weite und die eingegrenzte Natur sowie um Stadt und Industrie im Spannungsfeld zwischen Erhalt und Erneuerung. Beide Künstler haben es immer wieder geschafft, Sichtbares und Unsichtbares, Gesehenes und Gedachtes, Realität und Fiktion zu verbinden. Ob draußen oder im Studio, ob gemalt, fotografiert oder gefilmt: Es ist der Schrebergarten, der in den Ausstellungen zum Mikrokosmos und zum Spiegelbild der gesellschaftspolitischen Verhältnisse wird – damals wie heute.  

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