Wolfgang Mattheuer
Liegendes Liebespaar
Wolfgang Mattheuer, Installationsansicht der Bronzeplastik Liegendes Liebespaar, 1970, DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam 2024. Sammlung Hasso Plattner © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Ladislav Zajac
Seit März 2024 ist Wolfgang Mattheuers Liegendes Liebespaar aus dem Jahr 1970 dauerhaft im Foyer des MINSK Kunsthaus in Potsdam zu sehen. Zuvor war die Bronzeplastik bereits im Sommer 2023 Teil der Ausstellung WERK STATT SAMMLUNG. Kunstwerke aus der Sammlung Hasso Plattner. Zu Gast: Wilhelm Klotzek im MINSK.
Zwei Menschen sind in zugleich inniger und stürmischer Umarmung nah beieinander. Der Zopf der Frau weht nach hinten, nur sacht berührt ihr rechtes Knie den linken Oberschenkel des Mannes. Wirklich zu liegen scheinen sie nicht. Tollen sie herum? Fallen sie? Oder heben sie vom Boden ab?
Mattheuers plastisches Werk bezieht sich nicht nur auf eine bildhauerische Tradition, sondern ist auch eng mit seiner Malerei und Grafik verbunden. In diesem Werk übersetzt er das wiederkehrende Bildmotiv des Liebespaars aus der Zweidimensionalität in den dreidimensionalen Raum. Bereits im Jahr 1964 entstanden zwei Fassungen einer Lithografie mit dem Titel Liebespaar, in der ein sich umarmendes Paar über eine Mondsichel hinwegfliegt. Ein Gemälde von 1972, Das vogtländische Liebespaar, zeigt hingegen ein stehendes Paar, das einander fest umschlingt, und auch das Bild Schwebendes Liebespaar aus dem Jahr 1970 variiert das Motiv der Zweisamkeit Liebender. Der Kunsthistoriker und Kurator Dr. Heinz Schönemann betont, dass man die Plastik drehen und wenden kann, sie habe »gegenüber dem fixierten Schwebezustand auf der Bildtafel kein oben und unten«[1]. Dadurch gewinnt der intime Moment in der Plastik Liegendes Liebespaar eine besondere Ausdruckskraft. Denn Mattheuer fängt die Bewegung ein und versucht so, das unbeschwerte und geborgene Gefühl von Verbundenheit festzuhalten.
Wolfgang Mattheuer, geboren 1927 in Reichenbach im Vogtland, gestorben 2004 in Leipzig, war Maler, Grafiker, Plastiker und Schriftsteller. Er bezeichnete sich selbst als »Bildermacher« und zählt zu den Mitbegründern der Leipziger Schule. Die Teilnahme an der Documenta VI (1977), umfangreiche Einzelausstellungen und Ankäufe (u. a. Hamburger Kunsthalle) machten Mattheuer auch in der Bundesrepublik einem breiten Publikum bekannt. Als kritischer Beobachter seiner Zeit schuf er mit seinen Werken Zeugnisse einer sich immerfort wandelnden Umwelt und Gesellschaft.
[1] Wolfgang Mattheuer. Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik, Plastik, Ausst.-Kat. Museum der bildenden Künste Leipzig, Leipzig 1978, S. 40.