Rufina Bazlova
Such a Minsk
The Vertical of Power, Run from a Gun, The Female Power
Drei Fahnen von Rufina Bazlova #FramedInBelarus
Für die drei Masten vor DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam hat die belarussische Künstlerin Rufina Bazlova (geboren 1990 in Hrodna) Fahnen gestaltet, die auf ihre Kreuzstickereien zurückgehen. Bazlova verweist in dieser Intervention mit dem wortspielerischen Titel Such a Minsk/Solch ein Minsk, 2021–2022, auf die aktuelle politische Lage in Belarus.
Foto: Ladislav Zajac
Mit dem Titel Run from a Gun (wörtl. »Vor einer Waffe davonlaufen«) spricht die mittlere Flagge eine Forderung nach Frieden aus. Sie stellt Menschen dar, die vor Waffen weglaufen und versuchen, der Gewalt zu entkommen. Während die Flagge The Vertical of Power (wörtl. »Die Vertikale der Macht«) rechts außen das aktuelle politische System in Belarus kritisiert, setzt die Flagge auf der linken Seite mit dem Titel The Female Power (wörtl. »Die weibliche Macht«) ein Hoffnungszeichen für die Zukunft. Sie zeigt die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Rufina Bazlova spricht sich mit dieser Trinität klar für Revolution und Frieden aus.
Die Zusammenarbeit mit Bazlova verweist auf die belarussischen Künstler*innen, die ebenfalls einige Architekturelemente des ehemaligen Terrassenrestaurants „Minsk“ in Form traditioneller roter und weißer Mosaikornamente an der Fassade gestaltet haben. Durch die Zusammenarbeit mit Bazlova erklärt das DAS MINSK deutlich seine Solidarität mit dem Widerstand kritischer Künstler*innen in Belarus. Bazlovas Intervention wurde während der Eröffnung von DAS MINSK im September 2022 eingeweiht und wird während Ruth Wolf-Rehfeldts Retrospektive Nichts Neues (Laufzeit: 11. Februar – 7. Mai 2023) zu sehen bleiben.
»Obwohl sie aus verschiedenen Generationen stammen und sich ihr Stil und ihre Methoden unterscheiden, haben Bazlova und Wolf-Rehfeldt – zwei starke Künstler:innen – etwas gemeinsam: Auf ersten Blick arbeiten sie handwerklich und auf analoge Weise mit gestickten oder maschinengeschriebenen Zeichen, übertragen diese aber sofort in hoch konzeptuelle Kunstwerke, die vielschichtige politische Reflexion und wirkmächtigen Widerstand eröffnen.« — Paola Malavassi, Direktorin DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam
Rufina Bazlova
Foto: Matěj Stránský, 2020
Rufina Bazlova lebt in Prag. Ihr künstlerisches Schaffen umfasst Illustrationen, soziale Kunstwerke, Szenografie und Performance. Bazlova hat einen Masterabschluss in Illustration (Westböhmische Universität in Pilsen, 2015) und einen zweiten Bachelorabschluss in Bühnenbild (Akademie der Bildenden Künste in Prag, 2020). International hat Bazlova Aufmerksamkeit für ihre Reihe The History of Belarusian Vyzhyvanka erhalten, die im Medium traditioneller Stickerei die friedlichen Proteste in Belarus im Jahr 2020 zeigt. Die Künstlerin ist zudem als Autorin des vollständig gestickten Comics ŽENOKOL // FEMINNATURE, 2012, bekannt, der Feminismus in belarussischen Traditionen untersucht. Bazlova war an der Installation beteiligt, die anlässlich der Preisverleihung des berühmten politischen Karlspreis zu Aachen 2022 an das belarussische Dreigespann aus Swetlana Tichanowskaja, Maria Kalesnikava und Veronica Tsepkalo geschaffen wurde. Im August 2022 trug der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj während der Ansprache zum Tag der Unabhängigkeit der Ukraine ein T-Shirt mit einem mit Bazlovas Ornamenten.
#FramedInBelarus ist ein soziales Kunstprojekt der Künstlerin Rufina Bazlova und der Kuratorin Sofia Tocar, das den politischen Gefangenen in Belarus gewidmet ist. Das Ziel des Projektes #FramedInBelarus ist, die Geschichte aller zu Unrecht verurteilten Bürger*innen aus Belarus zu erzählen und ihre Porträts mit Hilfe traditioneller belarussischer Sticktechniken aus rotem Garn auf weißem Hintergrund zu schaffen. So wird mit Hilfe eines traditionellen Ornament-Codes ein wichtiger Abschnitt der belarussischen Geschichte aufgezeichnet. Sticken ist ein langwieriger Prozess und dadurch auch eine meditative Erfahrung, während der man sich auf die Gedanken und Gefühle für bestimmte Gefangene konzentrieren kann. Es ist Zeit, die einer Person im Gefängnis genommen wird, und Zeit ist das kleine Opfer, das während des Porträtierens der politischen Gefangenen erbracht wird. Alle Stickporträts werden schließlich zu einer gemeinsamen Decke zusammengefügt und stellen ein greifbares Symbol der ineinander verworrenen politischen Vorkommnisse und menschlichen Schicksale dar.
Im Frühjahr 2023 bietet DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam Workshops mit dem Projekt #FramedInBelarus an.